GESCHICHTE

Was geschah hier?​

Ein strenger Vater, ein widerspenstiger Kronprinz und ein gescheiterter Fluchtversuch mit dramatischen Folgen. Jedoch aus widrigen Umständen gestärkt hervorgegangen. Wie der kleine Fachwerkhof in Steinsfurt zu einer wichtigen Station im Leben des bedeutendsten Preußenkönigs wurde.
 
 

Preußen in Steinsfurt

Zusammen mit seinem Vater, König Friedrich Wilhelm I, und rund 35 Mitreisenden reiste der Kronprinz im Sommer 1730 durch Süd- und Westdeutschland.

 
 

Der Preußenkönig wollte an verschiedenen Fürstenhäusern für die Politik des deutschen Kaisers Karl VI werben, u.a. für die pragmatische Sanktion (Hausgesetz der Habsburger, das auch Monarchinnen ermöglicht).

Darüber hinaus nutzte er diese Gelegenheit, um Verwandte zu besuchen, wie seine in Ansbach verheiratete Tochter Luise. Zudem standen Besichtigungen historischer Städte und Stätten auf dem Programm.

Die Reise begann am 14. Juli 1730 in Potsdam und führte über Leipzig, Meuselwitz, Saalfeld, Coburg, Bamberg, Erlangen, Nürnberg, Ansbach und Augsburg zunächst nach Ludwigsburg.

Steinsfurter Fluchtversuch

Der Vater-Sohn-Konflikt spitzte sich ab 1728 immer mehr zu, wurde heftiger und gewalttätig ausgetragen. Da die Reiseroute im Sommer 1730 sich von Ludwigsburg aus dem Rhein nähern sollte, wollte der nach freier Entfaltung seines Lebens drängende Kronprinz die Gelegenheit nutzen, um sich dort durch eine Flucht ins Ausland dem Wirkungsbereich seines strengen Vaters zu entziehen. In den späten Abendstunden des 4. August erreichten die Preußen Steinsfurt und übernachteten in diversen Scheunen. Von hier aus wollte der 18-Jährige die Flucht wagen.

Friedrichs Fluchtpläne blieben nicht geheim. Deshalb ordnete sein Vater spezielle Vorsichtmaßnahmen an. Diese griffen, denn aufmerksame Begleiter bemerkten in den frühen Morgenstunden das Vorhaben des Kronprinzen. Er trug keine Uniform, sondern einen modernen, roten Rock. Die Offiziere vereitelten sein Wegreiten mit den beigebrachten Pferden.

„Da habe ich also in einem Lerchennest geschlafen.“

Friedrich II, nachdem er den Bauern, in dessen Scheune er übernachtet hatte, nach seinem Namen (Lerch) gefragt hatte

Friedrichs Fluchtpläne blieben nicht geheim. Deshalb ordnete sein Vater spezielle Vorsichtmaßnahmen an. Diese griffen, denn aufmerksame Begleiter bemerkten in den frühen Morgenstunden das Vorhaben des Kronprinzen. Er trug keine Uniform, sondern einen modernen, roten Rock. Die Offiziere vereitelten sein Wegreiten mit den beigebrachten Pferden.

„Da habe ich also in einem Lerchennest geschlafen.“

Friedrich II, nachdem er den Bauern, in dessen Scheune er übernachtet hatte, nach seinem Namen (Lerch) gefragt hatte

Dem König wurden die Steinsfurter Ereignisse erst in Mannheim zugetragen. Daraufhin ermahnte er seinen Sohn und hielt die betreuenden Offiziere von Derschau und von Rochow zu erhöhter Wachsamkeit an. Von Frankfurt aus fuhr die Reisegesellschaft per Schiff main- und rheinabwärts über Mainz, Koblenz, Bonn nach Moers. Hier erfuhr der Preußenkönig, dass Friedrich-Freund Peter Karl Christoph von Keith aus der preußischen Festung Wesel desertiert sei. Er ließ den Kronprinzen festnehmen und in Wesel arretieren. In den Abendstunden des 12. August stellte Friedrich Wilhelm seinen Sohn in der Kommandantur über dessen Absichten nach England zu fliehen zur Rede. Dabei schlug er ihn mit Stock und Degen blutig. Nur durch ein couragiertes Dazwischentreten bewahrte Generalmajor Konrad Heinrich von der Mosel den Kronprinzen vor schlimmeren Folgen.

DAS KRIEGSGERICHT URTEILT

Noch in Wesel wurde der Kronprinz verhört und als Gefangenen unter strengster Aufsicht in Begleitung des Generals von Buddenbrock und mehreren Offizieren nach Küstrin an der Oder eskortiert. Der König berief ein Kriegsgericht ein und warf seinem Sohn und dessen Fluchthelfern Landesverrat und Desertation vor. Kronprinz Friedrich wurde nach Ende des Köpernicker Kriegsgericht aus der Armee ausgeschlossen und seine beiden Freunde Peter Karl Christoph von Keith und Hans Hermann von Katte zu lebenslanger Haft verurteilt. Diese Urteile verschärfte jedoch der Preußenkönig in Todesstrafe durch Schwert. Letztere wurde in Küstrin bei Katte und das des geflüchteten Keith öffentlich in Wesel an einer Puppe vollzogen. Auf ausdrückliche Anweisung seines Vaters musste Friedrich die Hinrichtung seines Freundes mit ansehen.

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