GESCHICHTSWEG

Ausblicke, Einblicke, Tiefblicke

Auf der Spur der Urzeit, der Römer und der Natur

Dem Wanderer erschließen sich auf dem fünf Kilometer langen Rundweg Einblicke in geologische, paläontologische, geschichtliche oder naturkundliche Bereiche, zugleich auch herrliche Ausblicke auf das Elsenztal, den Steinsberg, den Pfälzerwald, den Königsstuhl, den Odenwald und den Stromberg.

Drei Themenstationen informieren über den Fund der Pflasterzahnechse, dem ältesten nachgewiesenen Lebewesen der Region, die Geologie der Region (Entstehungsgeschichte der Landschaft) und die Spuren der Römer (u.a. die Siedlung Saliobriga und die wertvolle Jupitergigantensäule). Die Freunde des Lerchennestes gestalteten unter Federführung von Stefan Riedlberger und Hans-Ingo Appenzeller diesem Wanderweg, um auf besonderen Geschehnisse und die vielfältige Schönheit der Landschaft aufmerksam zu machen

PFLASTERZAHNECHSE

(PLACODUS gigas)

Der Urzeit auf der Spur.

Subtropische, wüstenähnliche Landschaften grenzten an flache Randzonen des Germanischen Muschelkalkmeeres, seinerzeit ein Teil des riesigen Ozeans Tethys auf dem Superkontinent Pangaea. Solche Voraussetzungen herrschten vor 242 Millionen Jahren für die Tier- und Pflanzenwelt in unserer Gegend. Auch für den Placodus gigas, der sich überwiegend im Wasser aufhielt, jedoch ebenfalls die Voraussetzungen dafür hatte, um an Land gehen und sich wie die heutigen Robben fortbewegen zu können.

Ein Blick auf den Kopf der Pflasterzahnechse gibt Aufschlüsse auf seine Namensgebung und Zuordnung zur Reptiliengruppe der Placodontia. Riesige krokodilähnliche Reptilien, Fischsaurier, Amphibien, Seeigel, Lurche, erste Frösche und Saurier sowie Schildkröten gehörten zu seinem Umfeld. An Land wuchsen Palmen, Farne, Schachtelhalme und erste Nadelbäume wie die Ginkgos.
Der Steinsfurter Placodus gigas besaß für seine Körpergröße von fast dreieinhalb Metern einen gedrungenen, kleinen Kopf und ein beeindruckendes Gebiss mit meißelartigen Vorderzähnen und großen pflastersteinbreiten Zahnplatten. Diese ermöglichten ihm, selbst harten Schalen von Schnecken, Muscheln und Korallen aufzubrechen und zu zerkleinern sowie Algen, Aas und Armfüßer als Nahrung aufzunehmen. Sein 28 Wirbel zählender Körper war gestreckt, der flache Bauch durch die Rippen geschützt und sein Schwanz sehr lang und dünn. Die vorderen Gliedmaßen waren im Verhältnis zu den hinteren Füßen stärker ausgebildet gewesen zu sein. Paläontologen sehen die gesamte Größe der Pflasterzahnechsen bei mehr als zwei Metern. Der in Steinsfurt gefundene Placodus lebte vor ca. 242 Millionen Jahren und ist damit das älteste nachgewiesene Lebewesen unserer Region.
 
Einige Glücks- und Zufälle führten 1915 zum Fund dieses Fossils im Steinbruch Frauenwald neben der Bahnstrecke Heidelberg – Heilbronn. Der Aufschluss wurde im 19. Jahrhundert angelegt, weil der Straßen- und Eisenbahnbau enorm viel Schottermaterial benötigt. Die Urzeitforscher erhielten hier wichtige Einblicke bis zurück ins Phanerozoikum, dem „Zeitalter des sichtbaren Lebens“ vor ungefähr 541 Millionen Jahren.
Als während des Ersten Weltkrieges die Arbeiten im Steinbruch zurückgefahren waren, stieß der Heidelberger Hermann König auf sehr interessante Versteinerungen aus dem Untertrias. Im Herbst 1915 stellte der Hobby-Paläontologe in einem bereits zur Abfuhr bestimmten Schotterhaufen 334 Bruchstücke und eine 125 m große Steinplatte sicher. Die Experten erkannten bei der Begutachtung in Heidelberg: Diese fossilen Fundstücke stammen alle von einem Placodus gigas. Zusammengesetzt ergaben sie ein komplettes Skelett – datiert mit der Altersangabe 242 Millionen Jahre. Jahrzehnte war in Europa und China fieberhaft nach einem solchen gesucht worden, jedoch wurden nur Bruchstücke vom Schädel und Zähne gefunden.
Das Senckenberg-Naturkundemuseum Frankfurt präparierte aufwendig den Fund. Zum 100. Grabungsgeburtstag am 22. Oktober 2015 feierten die Direktoren das weltweit einzige Skelett als eines der spektakulärsten Stücke des Museums und einen Glücksfall für die Naturwissenschaft. Es sei aufgrund seiner Vollständigkeit und dreidimensionalen Erhaltung der Knochen ein äußerst wertvolles Unikat. Reproduktionen können u.a. in Karlsruhe, Stuttgart und New York besichtigt werden.

Weitere Informationen:

Hans-Ingo Appenzeller: Fund des Placodus gigas – ein Glücksfall für die Urzeitforscher, in Kraichgau – Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung 26/2020

Den Römern auf der Spur

Vicus Saliobriga im Alisinensium

Nach der Eroberung Galliens und dem Bau des Limes vom Rhein zur Donau bzw. vom Odenwald zum Neckar erschlossen die Römer unter den Kaisern Domitian (81 – 96 n. Chr.), Trajan (98 – 117 n. Chr.) und Hadrian (117 – 138 n. Chr.) Obergermanien. Sie sicherten die Grenze durch Kastelle und legten im Hinterland Siedlungen sowie Straßen an. Auch im Kraichgau, wo die West-Ostverbindung Speyer – Wiesloch/Waghäusel – Wimpfen die Steinsfurter Gemarkung durchquerte. Knapp 500 Meter von hier, neben der Straße nach Ehrstädt, wurde 1998 ein 80 Meter langes Teilstück der Römerstraße entdeckt.
Weitere Funde lassen den Trassenverlauf vermuten: Vom Westen und Mühlhausen kommend führte sie südlich von Eschelbach und dem Hermannsberg vorbei durch den Großen Wald zum Immelhäuser Hof. Nördlich des Schnakenbergs strebte sie der Elsenz und Steinsfurt (Steinerne Furt) entgegen. Im Bereich des heutigen Friedhofs ging es die Steinstraße aufwärts zum Lampert, dann nördlich am Eulenhof vorbei Richtung Rappenau/Wimpfen. In der Nähe des Oberbiegelhofes und Babstadt scheint es eine zweite Trasse gegeben zu haben. Auch nicht nachgewiesen wurde bislang die Römerstraße bei Hoffenheim und Waibstadt Spuren und Funde von Saliobriga.
Die Kastelle beherbergten die Legionen bzw. Kohorten. Die Normalstärke einer Legion betrug 5000 Mann, aufgeteilt in zehn Kohorten. Im Hinterland garantierten die Verwaltungseinheiten (Civitates) die Versorgung, auch die der dörflichen Siedlungen (vici) und Gutshöfen (villae rusticae). Zunächst wohnten hier Zivilpersonen, Handwerker und Händler, später Veteranen und Landwirte. In Wimpfen im Tal gab es ein Kastell, eine Neckarbrücke und eine zivile civitas. Weitere Brücken befanden sich in Heidelberg und Stuttgart.
Nach verschiedenen Ausgrabungen und archäologischen Forschungsberichten existierte südwestlich von Sinsheim ein vicus, dessen Name ein in Steinsfurt gefundener Viergötterstein mit saliobriga betitelt. Dieser dürfte sich im Bereich zwischen den Gewannen Ackertor – Dörtelsberg und Wingertspfad befunden haben. Zudem wurden Gutshöfe (im Wiesental, im Mönchsgrund und im Großen Wald) und Viergöttersteine bzw. Münzen und Tonscherben gesichert. Dies alles deutet auf ein größeres römisches Siedlungsgebiet an den Hängen der Elsenz (alisina) bis an den Neckar bei Wimpfen, dem Hauptort der Elsenzregion (alisinensium) hin.
Der bedeutendste römische Fund gelang 1959 in der Keltergasse mit dem größten und künstlerisch wertvollsten Jupiter-Giganten-Kapitell seiner Art in Deutschland. Erhalten ist Jupiter auf dem Pferd sitzend, sein Blitzbündel aus Metall hoch erhoben, einen gestürzten, schlangenfüßigen Giganten niederreitend. Stilisierte Akanthusblätter bilden die vier Seitenflächen des Kapitells, die jeweils mit einem plastisch gearbeiteten Kopf, die vier Jahreszeiten symbolisierend, geschmückt sind. Von der zugehörigen, rund zehn Meter hohen Schuppensäule ist nur noch die ersten Reihen erhalten. Eine Nachbildung steht in der Steinsfurter Ortsmitte das Original im Landesmuseum Karlsruhe.

Geo-Station

Steinsberg

Der Steinsberg stellt die Überreste des Förderschlotes eines vor etwa 55 Millionen Jahren erloschenen Vulkanes dar und ist den sogenannten jüngeren Odenwald-Kraichgau-Magmatiten zuzuordnen. Hierzu zählen die ehemaligen Schlotfüllungen des Katzenbuckels [Stein 1 im Gesteinsbeet] bei Waldkatzenbach und des Steinsbergs in Weiler. Die vulkanischen Vorkommen sind entlang einer Südwest-Nordost orientierten tektonischen Störungszone zwischen Ubstadt und Walldürn entstanden. Der ehemalige Vulkanschlot des Steinsbergs hat einen Durchmesser von ca. 300 m und besteht im Schlotzentrum aus Basanit [Stein 2], einem basaltähnlichen Gestein. Der Vulkankegel ist von einem Ring aus Brekzientuff umgeben. Heute überragt der Steinsberg mit einer Höhe von 333 m ü. NN die Umgebung, was nicht immer so war, da die damalige Landoberfläche zum Ausbruchszeitpunkt etwa 150 m höher lag. Im weiteren Verlauf der Erdgeschichte wurde der ehemalige Vulkanschlot durch Erosion (Abtragungsprozesse) bis auf das heutige Niveau freigelegt.

Kraichgau

Die Landschaft des Kraichgaus wird im Norden vom Odenwald, im Süden vom Schwarzwald bzw. den Höhenzügen des Heuchelbergs und Strombergs, im Osten durch den Neckar und im Westen von der Grabenschulter des Oberrheingrabens begrenzt und bildet dadurch eine geologische Senke. Der tiefe Untergrund des Kraichgaus besteht aus den magmatischen und metamorphen Gesteinen des Grundgebirges und den Sedimenten der Rotliegend- sowie Zechstein-Gruppe. Darüber folgt eine Ablagerung von Sedimentgesteinen der „Germanischen Trias“ (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper). Die Gesteine des Buntsandsteins setzen sich aus rotgefärbten Sandsteinen [Stein 3] sowie Tonsteinen zusammen.
Der Muschelkalk besteht aus fossilreichen Kalksteinen [Stein 4 und 5] und Dolomitsteinen mit dazwischen gelagerten Tonmergel- und Tonsteinen. Die Keuperabfolge wird aus Tonsteinen gebildet, in die Sandsteine [Stein 6] und dünne Dolomitstein- und Kalksteinlagen eingeschaltet sind. Die oberhalb folgenden Gesteine des Juras setzen sich aus massigen fossilführenden Kalksteinbänken mit geringmächtigen Ton- und Tonmergelsteinlagen zusammen. Aufgrund von tektonischen und erosiven Prozessen sind Sedimentgesteine aus der folgenden Kreidezeit in Baden-Württemberg nicht mehr vorhanden. Während der Kaltzeiten des Quartärs wurde großflächig freiliegendes Gestein erodiert. Durch starke Winde kam es zu einem Ausblasen des feinen Gesteinsmaterials und zu Ablagerungen als Löss und Flugsand. So entstanden hauptsächlich vor mehr als 10.000 Jahren in den quartären Kaltzeiten großräumig fruchtbare Lössflächen, die das heutige Landschaftsbild des Kraichgaus prägen.

Oberrheingraben

Der Oberrheingraben bildet mit einer Länge von ca. 300 km und einer Breite von ca. 40 km eine markante Grabenstruktur in Mitteleuropa. Das Höhenniveau der Tiefebene reicht von ca. 245 m ü. NN bei Basel bis ca. 85 m ü. NN bei Mainz.
Die Entstehung des Oberrheingrabens ist auf Horizontalbewegungen der Erdkruste senkrecht und schräg zur heutigen Grabenachse zurückzuführen, die vor ca. 50 Millionen Jahren begannen. Infolge dieser Horizontalbewegungen kam es zu einer Heraushebung der westlichen und östlichen Grabenschulter und zu einer Einsenkung des Grabens. Dadurch entstanden im Westen (linksrheinisch) die heutigen Gebiete der Vogesen (maximale Höhe 1.424 m ü. NN) sowie des Pfälzerwaldes (672 m ü. NN) und im Osten (rechtsrheinisch) die des Schwarzwaldes (1.493 m ü. NN) und des Odenwaldes (626 m ü. NN). Im weiteren Verlauf lagerten sich mit dem Absenken des Grabens hierin Sedimente (Ton, Schluff, Sand und Kies) ab, welche eine Mächtigkeit bis zu 3.300 m erreichen. Die Erkenntnisse über den inneren Bau des Oberrheingrabens wurden vor allem durch die Auswertung einer Vielzahl von Erdöl-, Erdgas- und Geothermie-Bohrungen gewonnen.
Nach oben scrollen